Jeder der schonmal einen Fragebogen verfasst hat, stand schon vor der Herausforderung: «Welchen Fragetyp nehme ich am besten?» Wenn man einen Fragebogen verfasst, ist nicht nur der Inhalt der gestellten Fragen von enormer Bedeutung, auch der Fragetyp spielt eine wichtige Rolle. Die Forschung der Kognitionspsychologie hat verdeutlicht, dass die Entscheidung für eine geschlossene oder offene Frage das Ergebnis erheblich beeinflusst. Nun stellt sich die Frage, welche dieser Fragetypen man denn am besten verwendet, um die bestmöglichen Ergebnisse aus der Befragung zu bekommen. Tatsächlich ist diese Frage so alt wie Umfragenforschung selbst und bis heute bleibt sie ohne richtige Lösung. Die kognitive Fähigkeit, die bei offenen Fragen verlangt wird, unterscheidet sich äusserst von der, die bei geschlossenen Fragen verlangt wird. Bei offenen Fragen muss der Befragte den Rahmen für die Antwort selbst schätzen, während sich bei geschlossenen Fragen der Rahmen ableiten lässt (Porst, 2014).
Offene Fragen
Bei offenen Fragen ist ein eindeutiger Stimulus durch den Fragetext vorgegeben, jedoch keine Antworten. Die Befragten sind völlig frei in ihrer Formulierung und wie weit sie für die Antwort ausholen möchten (Reinders, 2011) . Da dieser Fragetyp mehr Zeit beansprucht, sollte man ihn nicht zu häufig verwenden, weil das Auswirkungen auf die Motivation hat, den Fragebogen weiter auszufüllen. Auf der anderen Seite kann eine offene Frage die Motivation aber auch steigern, weil man sich einfach mal alles „von der Seele“ schreiben kann. Offene Fragen werden insbesondere deshalb von den Personen ausgefüllt, die ein hohes Interesse an der Befragung haben (Föhl und Friedrich, 2022).
Der Aufwand der Auswertung ist um einiges höher als bei geschlossenen Fragen und ein Vergleich der Antworten war lange Zeit nur schwer machbar. Mittlerweile gibt es hierfür sehr nützliche Tools, die eine Auswertung enorm erleichtern und sehr wertvolle Ergebnisse liefern.
Die Fragen geben durch einen Antwortkasten unter der Frage vor, wo die Antwort eingetragen werden soll. Durch die Vorgabe von mehreren Textfeldern kann eine Antwort schon vorstrukturiert werden. Wenn man zum Beispiel nach drei Eigenschaften zu etwas fragt, kann man drei kleinere Textfelder vorgeben und gibt dem Befragten eben diese gewisse Struktur (Föhl und Friedrich, 2022). Dabei hängt die Qualität dieser Antworten enorm von der Verbalisierungsfähigkeit der befragten Person ab. Dies verlangt eine höhere kognitive Beanspruchung an den Befragten (Porst, 2014).
Bei offenen Fragen ist es wichtig darauf zu achten, dass der Befragte genau versteht, was in der Antwort von ihm erwartet wird. Dabei ist nicht nur gemeint, welchen Rahmen die Antwort haben soll, sondern auch, wie Umfangreich geantwortet werden soll. Hier ist es Sinnvoll mit Hinweisen wie „nur Stichwörter“ oder „eine kurze Beschreibung“ zu arbeiten (Menold und Züll, 2019).
Häufig lohnen sich offene Fragen als letzte Frage in einem Fragebogen. Oft haben die Befragten am Ende noch wichtige, kritische oder auch positive Anmerkungen bezüglich des Fragebogens oder zum Thema der Befragung. Hierbei ist es wichtig dem Befragten das Gefühl zu vermitteln: «Ihre Meinung zählt! ».
Auch wenn es viel Arbeit scheint, jede Antwort zu einer offenen Frage durchzulesen, ist dies extrem wichtig, um das eigene Produkt, den eigenen Service oder je nachdem um was es in der Umfrage ging, voranzutreiben. Hier offenbaren sich oft Erfahrungen oder Meinungen, die alleine durch geschlossene Fragen, niemals ans Licht gekommen wären. Und auch wenn Ihnen eine Auswertung aller Antworten zu mühsam scheint, können Sie sich einfach die Ihrer Ansicht nach wichtigsten Zitate heraussuchen, und diese in Ihrem Ergebnisbericht vorstellen. Wie Sie die Zitate kostenfrei aus unserem Tool herunterladen können, erfahren Sie unter dem Punkt «Auswertungsansätze für offene Fragen».

Wie erstellt man eine offene Frage mit unserem Tool?
Der erste Schritt eine offene Frage in unserem Tool zu erstellen, ist zunächst eine neue Frage zu erstellen.

Als nächstes geben Sie Ihre Frage in das obige Feld ein und wählen den Antworttyp «offenes Textfeld» aus.

Am Schluss sollte Ihre Frage dann so aussehen:

Halboffene Fragen
Bei halboffenen Fragen werden die Merkmale offener und geschlossener Fragen miteinander verknüpft. Das heisst, dass neben den vorgegebenen Antwortkategorien, mindestens ein Feld für eine freie Antwortmöglichkeit ergänzt wird. Diese wird beispielsweise oft «Sonstiges: » oder «Anderes: » genannt (Reinders, 2022). Findet der Befragte sich also in keiner der vorgegeben Antwortmöglichkeiten wieder, beantwortet er diese Frage bei der freien Antwortmöglichkeit wie eine Offene. Dieser Fragetyp eignet sich immer dann gut, wenn das tatsächliche Universum möglicher Antworten zwar abgeschätzt werden kann, aber nicht definitiv bestimmbar ist. Eine halboffene Frage trägt dazu bei, die Motivation des Befragten aufrecht zu erhalten, da man nicht das Gefühl bekommt, man passe nicht in die Zielgruppe (Porst, 2014).
Wie erstellt man eine halboffene Frage mit unserem Tool?
Auch hier muss zunächst eine neue Frage erstellt werden. Dann wird der Antworttyp «Single-/Multiple-Choice/Dropdown» angewählt und die Frage ins obige Feld eingegeben.

Im nächsten Schritt werden die einzelnen Antwortoptionen erfasst und die Antwortoption mit offenem Textfeld. Das macht man indem man nach der Option, in diesem Beispiel «Andere, und zwar:», den Code «!!TEXT» hinten anstellt.

Am Ende sollte Ihre Frage dann so aussehen:

Auswertungsansätze für offene Fragen
Offene Fragen wurde lange gemieden, da die gesamte Datenmenge erst aufwendig codiert werden muss, bevor man sie Auswerten kann (Menold und Züll, 2019). Dies führte dazu, dass die Antworten zwar erhoben wurden aber nur ein paar wenige interessante Zitate beachtet wurden. Im Folgenden werden einige Analyse Ansätze vorgestellt die das Auswerten von offenen Fragen erleichtern und wie Sie aus allen Antworten etwas herausholen können. So können Sie den Herausforderungen offener Fragen Rechnung tragen und dennoch von deren grossen Mehrwert profitieren.
Zitate aus unserem Tool herunterladen
Sie können ganz einfach und kostenfrei die offenen Antworten der Befragten direkt aus dem Tool herunterladen und für Ihren eigenen Ergebnisreport verwenden. Diese Funktion finden Sie unter dem Menüpunkt «Auswertung».

Qualitative Inhaltsanalyse
Bei der qualitativen Inhaltsanalyse handelt es sich um eine klassische Auswertungsmethode. Hierbei werden die offenen Antworten durch einen oder mehrere Codierer, nach der Vorgabe eines Kategorieschemas, codiert. Jede Kategorie dieses Schemas beinhaltet einen Bedeutungsaspekt des zu codierenden Materials. Dieser wird durch Beispiele aus dem Datenmaterial beschrieben (Menold und Züll, 2019).
Das Kategorienschema kann entweder deduktiv, also theoriegeleitet oder induktiv, also aus dem erhobenen Text heraus, erfolgen. Beim Erstellen des Kategorieschemas sollte darauf geachtet werden, dass die Kategorien mit den Zielen der Forschungsfrage zusammenpassen, dass sie klar voneinander getrennt sind und dass sie klar eindeutig sind. Nachdem man das Schema erstellt hat, folgt eine erste Probecodierung nach der das Schema, falls nötig, nochmal angepasst werden kann (Menold und Züll, 2019).
Nachdem die Codierung durchgeführt wurde, muss dessen Reliabilität geprüft werden. Hierzu wird eine Stichprobe des Datenmaterials von einem zweiten Codierer codiert und das Reliabilitätsmass gemessen. Hierfür gibt es verschiedene Masse, beispielsweise die Verhältnismasse, Cohen’s Kappa, Scott’s Pi oder Krippendorf ’s Alpha (Menold und Züll, 2019).
Dieses Mass wird zur Aussage über die Qualität der Codierung genutzt. Weisst die Codierung eine geringe Reliabilität auf, muss das Kategorienschema neu überarbeitet werden und die Codierung nochmal durchgeführt werden. Deshalb empfiehlt es sich, die Reliabilitätsmessung vorzunehmen, bevor die gesamte Datenmenge codiert wird (Menold und Züll, 2019). Cohen’s Kappa gilt als die statistische Methode, die bei Auswertungen von Übereinstimmungen zwischen den verschiedenen Codierern, am meisten genutzt wird. Es misst den Anteil der rein zufallskorrigierten Übereinstimmungen der Codierer (Grouven et al, 2007).
Qualitative Inhaltsanalyse in unserem Tool
In unserem Tool ist es durch eine Investition von 1490 Euro im Jahr möglich, eine qualitative Inhaltsanalyse von unseren geschulten Mitarbeiter durchführen zu lassen. Hier werden die Antworten der Befragten durch uns codiert und für Sie ausgewertet. Die Ergebnisse können Sie dann beispielsweise an einem Balkendiagramm ablesen. Sollten Sie Interesse an diesem Auswertungsverfahren haben, kommen Sie gerne auf uns zu. Ein Anruf oder eine Mail genügt und wir unterstützen Sie dabei, die bestmöglichen Ergebnisse aus Ihrer Umfrage herauszuholen.
Computergestützte Inhaltsanalyse
Bei der computergestützten Inhaltsanalyse basiert die Codierung auf einem inhaltsanalytischen Diktionär/Wörterbuch. Hier werden spezielle Computerprogramme für die Codierung herangezogen. Dieses Wörterbuch enthält Codierregeln in Form von Wortlisten und entspricht dem Kategorieschema der qualitativen Inhaltsanalyse. Hierbei werden Phrasen und Wörter, die als eindeutige Indikatoren für eine Kategorie gelten, definiert.
Das Programm gibt diesen Wörtern und Phrasen dann einen Code. Um die Auswertung einfacher zu gestalten, sollten positive und negative Einstellungen getrennt abgefragt werden. Auch hier wird eine Stichprobe der Datenmenge von menschlicher Hand codiert und mit dem Programm verglichen. Der Nachteil dieser Methode ist allerdings, dass das Computerprogramm nicht in der Lage ist, mehrdeutige oder aus dem Kontext gerissene Begriffe zu erkennen (Menold und Züll, 2019).
Sonstige Ansätze
Es gibt bereits versuche, Codierungen mit halbautomatischen Verfahren durchzuführen. Giorgetti und Sebastiani haben hierzu das «supervised machine learning» entworfen. Dieses Programm lernt auf Basis von Textbeispielen die per Hand codiert wurden und kann dann andere Texte, auf Basis dieses Beispiels, codieren (Menold und Züll, 2019). Des weiteren kann man auch sogenannte Wordclouds, Management Summaries oder informelle Auswertungen vornehmen.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es keine Antwort darauf gibt, welcher Fragetyp am besten ist. Bei der Entscheidung ist es natürlich hilfreich die oben aufgelisteten Informationen in Betracht zu ziehen.
Geschlossene Frage sollte man laut Rolf Porst (2014) immer dann verwenden, wenn man das Universum der Antwortkategorie zu seiner gewünschten Frage genau benennen kann. Oft ist dies aber schwieriger als gedacht. Wenn Sie nun mal, ganz beispielhaft, an die Frage denken: „Was machen Sie in Ihrer Freizeit am liebsten?“ Können Sie alle möglichen Antwortkategorien benennen? Wahrscheinlich ist Ihre Antwort „Nein“. Hier sollte das Stigma der „aufwändigen“ offenen Frage abgelegt werden und öfters zu diesem Fragetyp gegriffen werden. Vor allem mit den Auswertungsmöglichkeiten, die uns heutzutage zu Verfügung stehen, ist die Offene Frage ein sehr wertvoller Fragetyp. Sollten Sie dennoch nicht die Zeit aufwenden wollen, alle Antworten einer offenen Frage durchlesen zu wollen, ist der halboffene Fragetyp die optimale alternative.
Literatur
Friedrich, U. F. C. (2022). Quick Guide Onlinefragebogen. Wie Sie Ihre Zielgruppe professionell im Web befragen. Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH.
Grouven, U., Bender, R., Ziegler, A., & Lange, S. (2007). Der Kappa-Koeffizient [The kappa coefficient]. Deutsche medizinische Wochenschrift (1946), 132 Suppl 1, e65–e68. https://doi.org/10.1055/s-2007-959046
Porst, R. (2011). Fragebogen: Ein Arbeitsbuch (3rd ed.). VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Reinders, H., Ditton, H., Grasel, C., & Gniewosz, B. (Eds.). (2011). Empirische Bildungsforschung: Strukturen Und Methoden. Vs Verlag Fur Sozialwissenschaften.
Züll, C., & Menold, N. (2022). Offene Fragen. In Handbuch Methoden der empirischen Sozialforschung (pp. 1127–1134). Springer Fachmedien Wiesbaden.